Eine kleine Geschichte der Quotendebatte

Ganz Basketballdeutschland diskutiert die Frage, wie man es schafft, dass deutsche Spieler Spielzeit bekommen. Zuletzt hat Bundestrainer Dirk Bauermann hier deutlich Position bezogen. Seine entschärfte Stellungnahme findet sich unter anderem auf Schoenen-Dunk und bei Spiegel Online.

Seit der kompletten Ausländerfreigabe in der Basketball-Bundesliga wird mächtig über das Für und Wider der Quote gestritten. Die Links zu den entsprechenden Diskussionen habe ich hier zusammengetragen. Meine eigenen Thesen zur Quotendebatte stammen aus der Debatte bei Schoenen-Dunk.

Auf Grund der aber gerade parallelen Debatte um eine „nationale Quote“ bei der FIFA und dem Streit der FIFA mit der Eurpäischen Kommission und dem Europaparlament zu dem es hier Informationen gibt muss aber gegebenenfalls auch die Quote in der BBL neu bewertet werden. Dies ist ein Aspekt, der meines Erachtens arg vernachlässigt wird. Oft ist mir die Debatte um eine Deutschenquote zu sehr am „Deutsch sein“ und der Nationalmannschaft verhaftet. Ist Identifikation und sind „Basketballstars zum Anfassen und Mitwachsen“ nicht wichtiger?

Die gegenwärtige Quote
Nach Aufhebung aller Ausländerbeschränkungen hat die Basketball-Bundesliga eine „Deutschenquote“ eingeführt. Nach dieser Quote muss jedes Team eine bestimmte Anzahl von Spielern mit deutschem Pass im Kader und auf dem Spielberichtsbogen haben. Das sind in der noch laufenden Saison 2008/2009 drei Spieler auf dem Spielberichtsbogen und vier auf dem Mannschafsmeldebogen, also „im Kader“. Nächste Saison müssen vier pro Spiel auf dem Spielberichtsbogen stehen. Weitere Schritte sind im Rahmenvertrag der BBL mit dem Deutschen Basketball Bund nicht vorgesehen. Im Gegenteil lehnte DBB-Präsident Weiss eine höhere Quote ausdrücklich ab.

Als Zweck der bisherigen Quote werden verschiedene Aspekte genannt, dazu gehören unter anderem:

  • die Förderung des Nachwuchses
  • die Gewährleistung von Spielanteilen für „Deutsche“
  • Förderung der Nationalmannschaft
  • Imagepflege der Liga durch Wiedererkennbarkeit und Identifikationsfiguren

Marco Baldi und Vertreter anderer Clubs traten vor einigen Wochen mit dem Anliegen in die Öffentlichkeit, dass die Deutschenquote in der BBL nicht mit 4 Spielern 2009/2010 ihren Abschluss finden dürfe, sondern auf 6 oder mehr Spieler ausgedeht werden müsse.

Die europäische Debatte

Durch das Bosman-Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 1995 wurde klargestellt, dass Transferregeln und Quoten die durch den EG-Vertrag gewährleiste Arbeitnehmerfreizügigkeit beschränken kann.

Europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit

Die Folge war eine weitgehende Aufhebung der Ausländerbeschränkungen in diversen Sportarten und Ligen sowie zunächst eine Unterscheidung in EU-Spieler (Bosman A), ihnen teils gleichgestellte (Bosman B), solche aus Ländern die auf Grund anderer Verträge gleichbehandelt werden müssen (Cotonu, Magrehb etc.). Die Folgeprobleme sind bekannt: Die Beschränkungen sind komplett weg.

Nun reagieren die Ligen und Verbände und versuchen Regelungen zu finden, durch die sie Nachwuchsförderung, die Qualifizierung von Spielern für die Nationalmannschaften und die „Wiederherstellung nationaler oder lokaler Identitäten“ (so die FIFA) in den Clubs wiederherstellen können.

Es gibt verschiedene Lösungsansätze: Finanzielle Umlageverfahren, Punktesysteme und Quoten. Die Quote kann an der Nationalität anknüpfen oder am Ausbildungsort. Letzteres erachtet die EU für zulässig, eine Anknüpfung an der Nationalität nicht.

PM der Kommission: Quote national ausgebildeter Spieler mit Europarecht vereinbar, Nationalitätsquoten nicht

Wie ist die Stimmungslage?

Nach Bauermanns Brandrede wagten sich wieder einige Manager und Trainer zu dem Thema an die Öffentlichkeit. BBL.TV machte sich das Thema zu eigen und produzierte einen 3-Minüter:

Luka Pavicevic nahm in der Pressekonferenz nach dem Ludwingsburg-Spiel selbst für die Quote Stellung und warf Medien und Funktionären Heuchlerei vor. Bamberg ist sowieso dafür. Oldenburgs Manager Schüller antwortete Bauermann und lehnte die Quote ab. Göttingens Coach John Patrick warf Bauermann Rassismus vor und brachte den fast legendären Hinweis, dass viele Spieler nicht Kisten schleppen würden, sondern in den USA Anwälte, Ärzte und Banker wären. Aber so richtig Mehrheiten ausmachen, das kann man noch nicht. Viele halten sich bedeckt. Die letzte Übersicht wurde von der Sport Bild  Anfang 2008 erstellt. Vielleicht macht sich ja noch bald wieder ein Journalist die Mühe.

Die 2. Bundesliga ging mit ihren Quotenerfolgen und der Verantwortung für den deutschen Basketball an die Öffentlichkeit. Forward und Five machen sich die Quote zum Anliegen. Auch kam wohl auch in Anlehnung an das Russische Modell und die ProA eine Debatte über eine Feldquote auf. Ich lehne diese als Eingriff ins Coaching ab.

Was ich als Fan selbst für richtig halte? Noch grübele ich darüber und beschränke mich auf Thesen. Nur glaube ich, dass 4 von 12 nicht das Ende der Fahnenstange sein kann. Doch auch die Schwächen des gegenwärtigen Weges sind mittlerweile hinlänglich deutlich: Busfahrer, Anstieg der Spielergehälter… wegdiskutieren kann man sie nicht. Aber an eine schnelle Lösung glaube ich auch nicht. Dringender für die Clubs sind in der Finanzkrise wohl andere Baustellen.

2 Gedanken zu „Eine kleine Geschichte der Quotendebatte

  1. Pingback: Let the juniors play! « Grübelei - Ansichten eines Basketballfans

  2. Pingback: Nebenwirkungen der Quote: Einbürgerung statt Freizügigkeit « gruebelei.de – Ansichten eines Basketballfans

Hinterlasse einen Kommentar